Trauer nach Suizid Seit einigen Jahren versetzen uns die KEINE TRAUER WIE JEDE ANDERE In der „Trauergruppe für Hinterbliebene nach Suizid“ des Arbeitskreises Leben (AKL) Böblingen e.V., treffen Menschen aufeinander, die ähnliche oder dieselben Erfahrungen gemacht haben. Menschen, die die gleiche Fassungslosigkeit, die glei che Verzweiflung erlebt haben oder im mer noch erleben. Vieles braucht nicht erklärt zu werden. Die oft gestellte Frage „Bin ich noch normal?“ und der eigene Trauerweg können mit den Erfahrungen der anderen verglichen werden. Das kann sehr entlastend sein. Der Abend bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, über das sprechen zu kön nen, was ihnen auf der Seele brennt – und was im Alltag oft keinen Platz hat. Hier ist Raum für alles, das im Freundes und Familienkreis so nicht angesprochen werden kann. Trauer, Verzweiflung, Wut, Schuldgefühle, Versagen, Ratlosigkeit, Scham. Nichts wird weggeredet. Es kann nichts mehr ungeschehen ge macht werden, aber zusammen mit ande ren finden sich leichter Möglichkeiten, da mit weiter zu leben. Das Wort, das einem hilft, kann man sich selbst oft nicht sagen. Die unvoreingenommene Begegnung und das gemeinsame Aushalten helfen, die Gefühle zu ordnen und das eigene seeli sche Gleichgewicht wiederzufinden. Die Teilnahme an der Trauergruppe ist kostenlos und unverbindlich. Die Grup pe trifft sich immer am ersten Mittwoch im Monat von 19.00 Uhr bis 20.30 Uhr in Sindelfingen und ist für jeden offen, der einen nahestehenden Menschen durch Selbsttötung verloren hat, egal wie lange der Suizid zurückliegt. Nach einem Vorge spräch ist ein Einstieg jederzeit möglich. Kontakt über den AKL oder die Gruppenleiterinnen: Mail: aklboeblingen@akleben.de Telefon (Anrufbeantworter des AKL): 07031/3049259 Barbara Gogoll: 0174/9589057 Margit Wagner: 0172/7244682 31 Schlagzeilen in den Medien in Angst und Schrecken. Kein Tag vergeht, wo in den Nachrichten nicht Inflation, Flüchtlingsströme, Ukrainekrieg und Kli makrise thematisiert werden. Zukunfts ängste nehmen einen immer größeren Raum ein. Kann ich in Zukunft noch mei nen Lebensunterhalt verdienen? Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten? Werde ich eine Wohnung finden? Daneben können jeden Menschen auch schwere persönliche Krisen treffen, wie z.B. Trennungen, Probleme am Arbeits platz, Arbeitsplatzverlust, finanzielle Pro bleme. Ängste und Depressionen haben in den letzten Jahren deutlich zugenom men. Wenn dies alles zusammenkommt, können Ausweglosigkeit und Verzweif lung so massiv werden, dass Menschen keinen anderen Weg mehr sehen, als sich das Leben zu nehmen. 10 000 Menschen, davon drei Viertel Männer, nahmen sich 2022 in Deutsch land das Leben. Im Landkreis Böblingen waren es 47 Männer und 10 Frauen, die keinen anderen Ausweg mehr wussten. Sie hinterlassen Ehefrauen und Ehemän ner, Kinder, Verwandte, Freunde. Man geht davon aus, dass fünf bis sieben Men schen von der Selbsttötung direkt betrof fen sind. Unberücksichtigt bleiben dabei Personen mit mehr Distanz zum Verstor benen, wie z.B. Schulklassen, Arbeitskol legen, Vereinsfreunde, Nachbarn und an dere Gruppen. Auch diese Personen aus dem nahen Umfeld sind tief berührt, sind fassungslos, hilflos, trauern und durchle ben persönliche Krisen. Deutschlandweit bedeutet das, dass aktuell mehrere hun derttausend Menschen die Trauer nach einer Selbsttötung beschäftigt. Wir verstehen in der Regel nicht, warum sich jemand das Leben nimmt. Wir ste hen fassungslos vor dieser Entscheidung und suchen Fehler im Leben dieses Men schen, bei uns selbst, bei Menschen, die ihm nahestanden. Die Frage nach dem Warum, wer hat Schuld, steht übergroß im Raum. Niemand tötet sich leichtfertig. Immer geht eine Zeit des Leidens voraus, die manchmal für die Hinterbliebenen sichtbar, oft aber unbemerkt verläuft. Su izid ist eine Form zu sterben, diese wert freie Feststellung kann hilfreich sein und helfen, diese Todesart des Angehörigen zu akzeptieren. Jeder Todesfall ist mit Trauer und Kum mer verbunden. Jedoch hat die Art des Todes einen wesentlichen Einfluss auf die Trauer und die Lebensbewältigung danach. Eine Selbsttötung bringt Fragen und Erschwernisse mit sich, die bei ande ren Todesarten nicht oder nicht in dieser Heftigkeit auftauchen. Wenn ein Mensch sein Leben durch Suizid beendet, gerät für die Hinterbliebenen alles ins Wanken. Ein Suizid verändert ihr Leben grundle gend. Nichts ist mehr so wie es war. Die Situation nach einem Suizid stellt für Angehörige eine enorme Belastung dar, oft sind sie traumatisiert. Da Suizid kein ge wöhnlicher Todesfall ist, muss die Polizei ermitteln, um die Möglichkeit eines Ver brechens auszuschließen. Der Leichnam wird beschlagnahmt und darf bis zum Transport in die Gerichtsmedizin von An gehörigen nicht berührt und versorgt wer den. Angehörige werden befragt, ein Ab schiedsbrief gesucht, Zimmer versiegelt. Der Schock ist groß, Angehörige erleben diese Zeit und die Wochen danach oft wie in Watte gepackt. Es geht nur noch um das Überleben, wie bewältige ich den nächsten Tag, die nächste Woche? Nach dem Schock brechen die unter schiedlichsten Gefühle über die Betrof fenen herein, sie befinden sich regelrecht in einem Gefühlschaos. Auch der Körper kann heftig reagieren: Schlafprobleme, Weinkrämpfe, Appetitlosigkeit, Magen und Verdauungsbeschwerden, Kopf und Gliederschmerzen. Oft erfahren Menschen nach der Selbsttö tung eines Angehörigen Ausgrenzung, Ver ständnislosigkeit und Schuldzuweisungen.